Mein Weg aus der Gefühls-Achterbahn
Wie die Fahrt begann
Den Entschluss schwanger werden zu wollen haben mein Mann und ich kurz niach unserer Hochzeit getroffen – ganz klassisch. Als nach etwa einem halben Jahr intensiver Bemühungen ein Baby noch immer nicht in Sicht war, habe ich angefangen mir Gedanken zu machen. Vor über zwanzig Jahren habe ich noch nicht daran gedacht das Internet zu befragen, sondern auch hier war ich ganz klassisch unterwegs und habe mir ein Buch gekauft.
Nun ging sie los, die Spirale aus Hoffnung, Euphorie und Enttäuschung. Jeden Monat auf‘s Neue. Ich habe natürlich auf gesunde Ernährung geachtet, die Temperaturmethode angewendet und weiss der Geier was alles versucht. Der Spaß am Sex nahm ab, der Frust wurde dafür stetig mehr.
Irgendwann habe ich dann mal meinen Frauenarzt auf das Thema angesprochen. Der nächste Schritt führte uns dann in eine Kinderwunschklinik und die Untersuchungen begannen. Leider ohne nennenswerte Ergebnisse auf beiden Seiten. Dennoch startete der erste Zyklus mit einer Hormonbehandlung. Zum Glück habe ich diese über die gesamten Behandlungen hinweg verhältnismäßig gut vertragen. Keine Spur von Gewichtsschwankungen oder sonstigen Nebenwirkungen.
Diese Behandlungen blieben leider ohne Ergebnis und besonders wohl und gut aufgehoben, haben wir uns beide in dieser Klinik nicht gefühlt. Aus dieser Erfahrung habe ich gelernt, dass man sich vor der Auswahl der Kinderwunschklinik gut überlegen sollte, was einem wichtig ist. Neben guter Ausstattung, bestes Know-How und „hohen Erfolgsraten“ gibt es noch weitere wichtige Kriterien. Es muss ganz einfach auch menschlich passen.
Reden ist Gold
Mein Mann und ich haben uns dann stillschweigend dazu entschlossen das Thema ruhen zu lassen. Wir haben NICHT miteinander besprochen, was das bedeutet. Wir haben NICHT miteinander besprochen, ob für uns andere Möglichkeiten in Betracht kommen oder ob wir ohne Kinder leben wollen oder was es sonst so zu besprechen gegeben hätte. EIN GANZ GROSSER FEHLER!
Denn gleichzeitig war der Kinderwunsch ständig und überall in mir präsent.
Zu dieser Zeit haben uns zwei befreundete Paare ganz unabhängig voneinander ins Gewissen geredet. Die einen haben meinem Mann und mir die Leviten gelesen, weil wir nicht miteinander über das Thema sprachen. Das zweite Paar hat uns sehr deutlich gemacht, dass ein Kind nicht nur Freude macht und schon gar nicht das „Allheilmittel“ sein kann. Aus heutiger Sicht kann ich mich nur dafür bedanken, dass diese beiden Paare uns damals so den Kopf zurecht gerückt haben.
Es ist so wichtig, dass Du Menschen auf dem Kinderwunschpfad hast, die auch mal Klartext sprechen. Menschen, die überhaupt mit Dir über das Thema sprechen und die Dich nicht nur bedauern oder gar bemitleiden. Menschen, die wissen wie es sich anfühlt, diesen sehnlichsten Wunsch nicht erfüllt zu bekommen.
Für uns ging es nach einer dreijährigen Pause in einer neuen Kinderwunschklinik weiter. Dieses Mal hatten wir die für uns passende Klinik gefunden und so startete Anfang 2006 der erste IVF-Versuch. Also wieder Hormone, Hoffnung, Nervosität, Angst, noch mehr Hoffnung und… Enttäuschung. Der erste Versuch war fehlgeschlagen.
Wir haben schnell den zweiten und den dritten Versuch kurz nacheinander hinterher geschoben. Bekanntermaßen sind ja alle guten Dinge Drei und so war der dritte Versuch tatsächlich erfolgreich. Ich war schwanger. Immerhin neun Wochen lang.
Damals hat mich meine tiefe Überzeugung, dass alles was im Leben geschieht für irgendetwas gut ist, über diese schwere Zeit getragen. Gespräche mit meinem Mann oder Freunden oder gar einem Therapeuten habe ich nicht geführt. Ich konnte nicht um Unterstützung bitten, sondern habe mich lieber in den vierten Versuch gestürzt, der leider erfolglos blieb. Das war bis dahin der tiefste Tiefpunkt auf unserem Kinderwunschpfad.
Zu dieser Zeit startete ein neuer Yogakurs im Nachbarort und da ich das schon lange einmal ausprobieren wollte, meldete ich mich an. Yoga wurde sozusagen meine „Therapie“. Wenn es mir letztendlich auch geholfen hat, so kann ich heute nur sagen: Das war definitiv nicht der klügste Weg.
Aus meiner Erfahrung kann ich nur appelieren, dass
Du Dir so früh wie möglich Unterstützung holen solltest
Du und Dein Partner/Deine Partnerin ganz viel miteinander, aber auch mit aussenstehenden Personen sprechen solltet.
Für uns ging es nach einer kleinen Verschnaufpause mit dem Thema Adoption weiter. Wir haben also Kontakt zum Jugendamt aufgenommen, eine ca. zweistündige Informationsveranstaltung besucht und ein Wochenendseminar rund um das Thema absolviert.
Ein Schlüsselmoment für mich in diesem Seminar war folgende Aussage einer Mitarbeiterin des Jugendamtes: „Wir suchen kein Kind für Sie als Eltern. Wir suchen für Kinder, die bereits einen Verlust verkraften müssen, passende Eltern.“
Diese Aussage hat meine Gedanken neu geordnet, sie hat mich einmal durch geschüttelt und die Relationen wieder richtig gestellt.
Um ehrlich zu sein, haben wir die Bewerbung als Adoptiveltern nicht einmal zur Hälfte ausgefüllt. Auch an diesem Punkt haben wir nicht miteinander gesprochen und trotzdem sind wir zu dem Entschluss gekommen, dass wir uns nicht bewerben wollen. Für unsere Ehe war dieses Nicht-Miteinander-Reden ein GROSSER FEHLER!
Zum Glück haben wir es letztendlich doch gemeinsam geschafft und konnten viel daraus lernen.
Ich kann Dir nur raten:
Hole Dir so früh wie möglich Begleitung auf Deinen Kinderwunschpfad!
Mein Abschied vom Kinderwunsch
Schon als kleines Mädchen hatte ich eine ganz klare Vorstellung von meinem Leben. Mir war klar, dass ich mal einen tollen Ehemann, ein Haus, einen Hund und zwei Kinder haben werde. Ich bin reich beschenkt worden, denn drei dieser Wünsche sind in Erfüllung gegangen. Doch dieser eine Wunsch, der unerfüllte Kinderwunsch nagte eine sehr lange Zeit an meiner Seele und an meinem Selbstbewusstsein.
Als die Zeit des endgültigen Abschiedes von meinem Kinderwunsch gekommen war, breitete sich eine grosse Leere in mir aus. Der Sinn meines Lebens schien nun endgültig in die ewigen Jagdgründe zu verschwinden.
Wozu das alles?
Was bleibt am Ende von mir?
Wer ist später mal für mich da?
Alle diese Fragen wirbelten in meinem Kopf umher und machten mich so unendlich traurig. Die schlimmste aller Fragen ist jedoch die Frage „Warum?“. Diese Frage ist der schnellste Weg in die totale Sackgasse. Bitte versuche nicht Dir diese Frage zu beantworten, stelle sie Dir am besten gar nicht erst.
Zu all diesen Fragen kam noch eine schmerzhafte Erkenntnis. Ich hatte irgendwann in dieser Kinderwunschzeit die Abzweigung zu meinem beruflichen Herzensthema verpasst. Mit den veränderten Rahmenbedingungen in meinem Beruf wurde ich zunehmend unglücklicher. Nun war die emotionale Achterbahn also wieder auf dem Weg nach unten.
Mein Weg in ein glückliches Leben ohne Kinderwunsch
Die intensive Auseinandersetzung mit mir selbst und den Fragen:
Was ist der Sinn meines Lebens?
Wie möchte ich leben?
Was ist mir wichtig?
hat mir bewusst gemacht, was ich wirklich will und wofür diese vielen schmerzhaften Erfahrungen gut waren. Du erinnerst Dich an meine Überzeugung? Hier und heute schließt sich für mich allmählich der Kreis.
Ich weiss heute, wie schwer ich es mir selbst auf meinem Kinderwunschpfad gemacht habe, weil ich mir keine Hilfe geholt habe. Ich weiss heute, wie gefährlich das zum Teil für mich und meine Beziehung war. Ich bin überzeugt davon, das es so nicht sein muss und nicht sein darf. Niemand soll allein auf dem Kinderwunschpfad gehen!
Deshalb ist es mein Herzens Anliegen: Hol‘ Dir Begleitung auf Deinen Kinderwunschpfad!